Verkauf der Yacht
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Wer sein Schiff verkaufen will,
wird sich auf einiges einstellen müssen!
"Jedes Schiff wird einmal verkauft", hatte schon Herr Körner, der Chefkonstrukteur bei Van-de-Stadt, gesagt.
Jetzt war es so weit.
Nicht das Segeln bereitete die Probleme, sondern der Unterhalt: die 8 Tage Knochenarbeit beim Einsetzen im Frühjahr zum Beispiel.
Wir waren unserem Schiff nicht mehr gewachsen.
Zunächst ist man sich ja im Unklaren, welchen Wert das eigene Schiff noch hat.
Deshalb haben wir uns an einen Gutachter gewandt.
Wichtig ist, einen seriösen, kompetenten Fachmann zu finden.
Wir sind gut gefahren mit Herrn Weise. (https://yachtgutachten-weise.de)
Es gibt zwei Verfahren, um den Wert einer gebrauchten Yacht zu ermitteln:
Entweder der Gutachter kommt an Bord oder man gibt detailliert die Kaufsummen und das zugehörige Datum sowie Schäden oder Reparaturen an.
Wir haben uns für das zweite Verfahren entschieden.
Im Prinzip wird dann vom Ausgangswert der Yacht alles was ersetzt oder repariert werden muss sowie ein Abnutzungsbetrag abgezogen.
Auch die Marktsituation fließt in das Gutachten ein.
Eigentlich wollte ich mit der ganzen Verkauferei nichts zu tun haben.
Deshalb wandten wir uns zunächst an ein Maklerbüro.
Mit Sitz in Holland. Denn wir glaubten, eine Van-de-Stadt -Woodcore-Epoxy-Yacht würden eigentlich nur Holländer
schätzen und präsentieren können.
Ja, ein Mitarbeiter sei gerade in Kroatien, hieß es. Ob er am nächsten Wochenende die Yacht besichtigen könne?
Erfreut fuhren wir nach Monfalcone, zwei Tage bevor der Mitarbeiter eintreffen würde.
Die Yacht lag aufgepallt an Land, mit Segeln und allen losen Spieren innen.
Wir mussten die Yacht waschen und den Innenraum aufklarieren.
Der Mitarbeiter traf ein, wir stiegen über die Leiter an Bord.
Er drehte eine Runde um das Deck, dann stiegen wir in die Kajüte. Blick in den Motorraum.
Nachdem wir uns an den Tisch gesetzt hatten, meinte er:
„Die Yacht ist in einem hervorragenden Zustand. Ich sehe das sofort. Keine Schnitte in der Tischumrandung,
keine Flecken auf den Polstern.
Sie müssen sich vorstellen: der zukünftige Käufer sitzt zu Hause auf dem Sofa und wählt nach den Fotos aus.
Deshalb brauchen wir sehr gute, gestochen scharfe Fotos. Ihre genügen dafür nicht. Ich schicke Ihnen einen Fotografen.“
Der Fotograf würde etwa 1.000,- € kosten, plus Spesen.
Dann sahen wir uns im Katalog des Maklerbüros Fotos von Yachten an, die das Büro zum Kauf anbot.
Innenräume, Innen-Details, weitere Innenräume. Ein Foto schöner als das andere.
Unser Schiff aber war ein Segler. Seine Stärke war die Hochsee-Tauglichkeit, nicht das Doppelbett im Vorschiff oder die Dusche.
Als mir das nach ein paar Nächten bewusst wurde, sagten wir ab.
Dann also doch selbst.
Ich wählte aus unseren Fotos: Fotos vom Segeln, Christof am Steuerrad, extrem hoher Seegang,
vom Motor, auch von den Innenräumen, von der Pantry unterwegs: Klaus beim Braten von Spiegeleiern zum Beispiel.
Ich wollte Abenteuerlust erzeugen, Segellust.
Mit diesem Bildmaterial schrieben wir unsere Summertime in den einschlägigen Internet-Foren zum Verkauf aus
und verwiesen auf das Sachverständigengutachten.
Zwei Tage später kam das erste Angebot.
Ein Schweizer wollte unser Schiff haben. Gegen Barzahlung.
Ich fragte, welche Segelerfahrung er mitbringe. Keine. Bisher hatte er ein Motorboot gefahren,
eine … (die Marke habe ich vergessen. ~ 500.000,- €) Nun wolle er Segeln.
Wo? Am Genfer See.
Unsere für den Atlantik hochgerüstete Segelyacht auf dem Genfer See?!
Alles in mir sträubte sich. Das konnte ich unserer Summertime nicht antun. Ich lehnte das Angebot ab.
Einen Tag später erhielten wir ein neues Kaufangebot.
Der Herr befand sich gerade in Mailand und wollte umgehend die Yacht besichtigen. Auch er wollte bar bezahlen.
Die geforderte Eile und erneut der Wunsch, bar zu bezahlen, machte uns hellhörig.
Ich beriet mich mit einem Freund. „Das ist doch klar, die wollen ihr Schwarzgeld unterbringen.“
Als gesetzestreuer Bürger war mir dies zuwider.
Und wenn es sich um Falschgeld handeln sollte? Ich lehnte erneut ab.
„Was hast Du gegen Schwarzgeld?“, fragte mein Freund. „Es kann dir doch egal sein.
Das Falschgeld filtert die Bank heraus. Du musst mit dem Käufer auf die Bank und er muss dort einzahlen.
Außerdem gibt es Zählmaschinen, die Falschgeld aussortieren.“
Also gut. Beim nächsten würde ich Schwarzgeld akzeptieren.
Aber es meldete sich niemand mehr.
Meine Yacht – mit 3. Reff im Groß, mit Sturmfock am Kutterstag und Backstagen, mit Aries und Jordan-Treibanker – war hochseetauglich
und deutlich teurer als Bavarias oder ähnliche Schiffe. Man musste wohl Geduld haben.
3 Wochen später: ein neuer Interessent.
Er würde im Auftrag eines Bekannten Kontakt zu uns aufnehmen. Dieser Bekannte lebe auf Sardinien.
Ob ich ihm weitere Fotos zukommen lassen könnte.
Ich tat mein bestes, weitere Fotos.
Ob ich Bargeld annehmen würde? Ich würde.
Wann er das Schiff besichtigen könnte, nächstes Wochenende?
Wir vereinbarten das Treffen eine Woche später. Er würde am Eingang zur Marina warten, wir sollten ihn abholen. Er würde anrufen.
Gegen Mittag ging der Anruf ein. Wir fuhren mit dem Auto zum Eingang der Marina. Dort wartete der Interessent bereits.
Er war mir vom ersten Anblick an unsympathisch.
Er habe seinen Fahrer in die Mittagspause geschickt.
Wir fuhren zur Yacht. Ich führte ihn um das Schiff herum. Eigentlich war er uninteressiert. Dann stiegen wir an Deck.
Ich bat ihn auf das Vordeck. Aha. Keine weitere Frage, keine weitere Reaktion.
Also dann nach unten in die Kajüte.
Er würde die Yacht nicht für sich erwerben, sondern für seinen Vater. Ein Geschenk zum 70.sten.
Er würde bar bezahlen, der Preis sei in Ordnung. Als Bauunternehmer in der Gegend von Bozen habe man natürlich Geld.
(Gemeint war Schwarzgeld.)
Ok. Inzwischen waren wir darauf vorbereitet.
„So ein großes Geschenk, ohne dass der Beschenkte die Yacht gesehen hat?“, gab meine Frau zu bedenken.
Wenn er sie sehen würde, wäre es ja keine Überraschung!
Ein Anruf auf dem Handy erreichte ihn. In einer unglaublich herrischen, kurz angebundenen Art bügelte er den Anrufer ab.
Wieder zu uns:
Er habe allerdings eine Bedingung. Wir müssten ihm 50.000,- € wechseln. 100er- und 200er-Scheine gegen 50er.
Wir schluckten.
Wie sollten wir das unserer Bank verklickern? 50.000 abheben und 2 Tage später wieder einzahlen?
Wir sollten sagen, es gehe um einen Grundstückskauf, der sich dann leider zerschlagen habe.
Die Übergabe des Wechselgeldes solle in Bozen stattfinden.
Den Kaufpreis der Yacht würde er dann dort per Sofortüberweisung bezahlen.
Wir zögerten.
Er würde uns zusätzlich 10.000,- € geben. Oben drauf!
Wir baten um Bedenkzeit.
Und boten an, ihn zum Parkplatz seines Autos zu fahren. Er lehnte ab. Wir bestanden aus Höflichkeit darauf. Also gut.
Weit vor dem Parkplatz wollte er dennoch aussteigen. Um sich die Füße zu vertreten.
Am Abend unterhielten wir uns, meine Frau und ich. Natürlich schrillten alle Alarmglocken.
Warum wollte er Geldscheine gewechselt haben? Ob sie vielleicht aus einem Banküberfall stammten?
Und was, wenn die Geldschein-Nummern bekannt sein würden?
Meine Frau sagte: „Wir kennen weder seine Telefonnummer, noch seinen Namen, geschweige denn seine Adresse.
Selbst die Autonummer hat er verheimlicht.“
„Und was ist, wenn ich in Bozen mit 50.000,- € in der Aktentasche anreise und jemand hält mir ein Messer an die Gurgel
und nimmt mir einfach das Geld ab?“
Unter diesen Umständen verzichteten wir auf die 10.000 zusätzlichen Euros.
Wir schrieben eine Email an die Anrufadresse, erklärten unsere Verkaufsgespräche für beendet
und baten um die Löschung unserer Daten. Wir würden dasselbe tun.
Wir fühlten uns einer Gefahr entronnen.
Es vergingen wieder einige Wochen.
Inzwischen brachten wir die Yacht ins Wasser.
Dann trudelte eine Email ein, von einem österreichischen Segler.
Einhand. Von Florida bis Portoroz.
Wenn ich meine Yacht einmal verkaufen sollte, er wäre interessiert.
Er kannte offensichtlich meine Webseite und die dort veröffentlichte Beschreibung unserer Yacht.
Ich antwortete: Das treffe sich gut. Die Yacht stünde zum Verkauf.
Leider müsse er aber erst seine eigene Yacht verkaufen.
Ich sah mir sein Internet-Angebot an und die zugehörigen Fotos. Sein Schiff war ebenfalls eine Van-de-Stadt,
größer als unsere Forna, schmucklos, zweckmäßig, mit einem 2m - Kiel.
Seine Zielgruppe war sicherlich noch kleiner als unsere.
Sinnlos zu warten.
Unsere Yacht hatten wir noch immer nicht verkauft.
Ich ermäßigte den Preis.
Wieder verging Zeit. Warten auf Godot?
Dann erneut eine Email. Ob er sich unsere Yacht ansehen dürfe? Auch den Rumpf?
Selbstverständlich. Aber dafür müsse sie aus dem Wasser gehoben werden.
Kein Problem. Ob er einen Gutachter mitbringen dürfe?
Das war ein neuer Ton. Sachlich. Interessiert.
So ähnlich hatte ich mir einen Verkaufsvorgang vorgestellt.
Vor einem Gutachter hatten wir keine Angst. Auch nicht vor Osmose; darüber kann eine Epoxy-Yacht nur lachen.
Es würde noch eine Weile dauern. Er stehe arbeitsmäßig sehr unter Druck.
Wir vereinbarten einen Termin drei Wochen später.
Erneut fuhr ich nach Monfalcone. Jetzt schon zum 4. Mal.
Mit mir Richard. Er wollte mir helfen, das Boot in gutem Zustand zu präsentieren.
Wir säuberten, schrubbten, polierten 3 Tage.
Am 4. Tag verlangte Richard eine Zahnbürste. Damit reinigte er den Kielraum unter den Bodenbrettern
bis dort wirklich kein Fitzelchen Schmutz mehr zu sehen war.
"Dem solln die Aung übergengan." (Richard ist Österreicher.)
So blank war die Bodensektion unserer Yacht seit ihrer Wasserung nicht mehr gewesen.
Ich brachte Richard nach Deutschland zurück. Und erneut fuhren Brigitte und ich zum Schiff nach Monfalcone.
Georg und Verena, die neuen Interessenten, waren offen, freundlich, sympathisch.
Der Gutachter besichtigte den Rumpf, die Yacht wurde wieder zu Wasser gelassen. Dann starteten wir zur Probefahrt.
Zunächst unter Motor. "Unglaublich, wia`s reagiert!" - Verena war begeistert.
Dann Ankern, die Segel hoch und hinaus vor den Hafen. Wende, hoch am Wind, Wende.
Georg geht mit dem Gutachter unter Deck. Wir segeln Summertime zurück in den Hafen.
"Darf ich mal unter die Bodenbretter schauen?" verlangt der Gutachter.
Bitte sehr!
Bei der Begutachtung verzieht er keine Miene. Aber es ist wohl der ultimative Test.
Richard hat recht behalten.
Dann im Cockpit, Georg zu Verena: "Wos moanst, sollte zuaschlongg?"
"Schlog zua!", antwortet Verena.
Unsere Summertime hat inzwischen ein neues Rigg, nach so langer Segelzeit bestimmt kein Luxus.
Sie hat ein Bimini, und die Aries ist vorübergehend abgebaut. Vom Einbau einer Dusche an Bord haben wir abgeraten.
Georg will noch 3 Jahre arbeiten, um sich dann mit Verena endlich einen Traum zu verwirklichen: zu leben und zu segeln.
Wir wünschen alles, alles Gute!
Altid Sünnschien un gooten Wind!
... und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!
(Sept. 2025)